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Stand: 28.8.2001

 

Die wahren Hintergründe der gefälschen Hesselschwerdt-Briefe

Robert Holzschuh - „Das verlorene Paradies Ludwig II.“ - Eichborn-Verlag

In diesem Buch wird wieder einmal versucht, König Ludwig als vollkommen haltlosen, moralisch verderbter, homosexuellen Lustmolch darzustellen. Das soll posthum wieder einmal seine Geisteskrankheit, die Rechtmäßigkeit und Unausweichbarkeit seiner Entmündigung und schießlich seinen angeblichen Selbstmord beweisen.

Die Echtheit dieser Briefe - die dem Buch zugrunde liegen - darf jedoch mit Recht bezweifelt werden. Es gibt keinerlei Beweise, daß Ludwig diese Briefe wirklich selbst geschrieben hat. Es gibt Hinweise, daß Hesselschwerdt und Holnstein (die Hauptbelastungszeugen des Gutachtens) in Verbindung mit einer zweifelhaften Person standen, die die Handschrift des Königs vollendet zu fälschen vermochte. (Erika Brunner, Der tragische König)

Für 180.000,- DM hat sich der Sammler Holzschuh gefälsche Briefe andrehen lassen!

Fälschung bleibt Fälschung - egal wie alt
Diese Briefe sind Fälschungen aus der Zeit Ludwigs, deshalb sind natürlich Original-Papier und -Tinte kein Echtheitsbeweis und insoweit ist ein Sachverständigengutachten letztendlich wertlos. Man brauchte möglichst drastisches, im moralischen Sinne belastendes Material, um Ludwig entmündigen und vom Thron zu vertreiben zu können.

Ludwig, Lügen, Leichen!
Neben Oberststallmeister (im Volksmund Roßober genannt) Graf Holnstein, war der angebliche Adressat der Briefe, Marstallfournier Karl Hesselschwerdt der Hauptbelastungszeuge im Ferngutachten gegen Ludwig II. (Dr. Gudden hatte ihn ja nie persönlich untersucht, sondern stützte sein Gutachten ausschließlich auf das Material, welches die Vorgenannten durch Drohung und Bestechung von den Dienern herausgepreßt haben. (Holnstein war ja als Oberststallmeister der Chef der Dienerschaft, die sich ausschließlich aus Chevauxlegers - Soldaten der leichten Kavallerie - rekrutierten) Das alles geschah im Auftrag von Ministerpräsident Lutz, dem es so schlußendlich gelang, den entschiedenen Gegner des Deutschen Reiches, König Ludwig II. von Bayern (Ludwig blieb z. B. der Reichsproklamation in Versailles demonstrativ fern) durch die reichs- und bismarckfreundlichen Monarchen Prinzregent Luitpold (der Onkel Ludwig II.) und Ludwig III. (Neffe Ludwig II.) zu ersetzen. Daß er dabei buchstäblich über Leichen ging, zeigt der Tod König Ludwigs sowie der Tod Dr. Guddens (der als nützlicher Idiot natürlich auch verschwinden mußte) allzudeutlich.

Ein Drittel aller Augenzeugen, die in der Todesnacht in Berg anwesend waren, waren ein Jahr später ebenfalls verstorben, in Irrenhäuser verbracht oder nach Amerika ausgewandert. Eigenartig, nicht?

Was wäre der Welt erspart geblieben, wenn Ludwig II. sein „Königreich der Poesie“ verwirklicht hätte und nicht das preußendeutsche, hurrapatriotische, blut- und eisenfressende Deutsche Reich eines Bismarck, Hindenburg und Hitler über uns gekommen wäre!!!

Die Rolle Holnsteins und Hesselschwerdts wurde vom Münchner Polizeipräsidenten mit den Worten kommentiert: Die „Rösser“ (Hesselschwerdt) und „Oberrösser“ (Holnstein) sind an allem schuld.

Rufmord á la Hesselschwerdt
Hesselschwerdt galt damals schon als eine schillernde Figur die log und betrog, was das Zeug hielt. So behauptete Hesselschwerdt, Ludwig hätte ihm den Auftrag erteilt, in Italien eine Räuberbande (!) anzuwerben, um mit deren Hilfe den preußischen Kronprinzen Friedrich in Mentone zu überfallen und in einer Höhle bei Wasser und Brot in Ketten gefangen zu halten. Dann behauptet Hesselschwerdt wieder, er habe vom König den Auftrag erhalten, Baron Hertling umzubringen - weil dieser um Entlassung aus dem Dienst nachgesucht hatte. Diese Strafe wurde dann angeblich in „tüchtiges Durchprügeln“ abgemildert!?! Nichts ist abstrus genug, um nicht von Hesselschwerdt gegen den König vorgebracht zu werden: er habe den Befehl erhalten, in Neapel, in Konstantinopel, in Teheran - sogar in Brasilien nach Geldquellen zu suchen - ja mit Hilfe einer Räuberbande (offensichtlich eine fixe Idee Hesselschwerdts - er wäre wohl allzugerne Räuberhauptmann gewesen) bei Banken in Stuttgart, Frankfurt, Berlin oder Paris einzubrechen.

Keine Spur von Geisteskrankheit
Welch kühlen Kopf Ludwig auch in der äußersten Finanznot bewahrt hat, beweist ein Handschreiben vom 17. 4. 1886 (59 Tage vor seinem Tod) an das Gesamtministerium:
„Es ist mein Wille, daß zur Ordnung der Verhältnisse Meiner Kabinettskasse von Meiner Regierung noch dem gegenwärtig versammelten Landtage eine Vorlage gemacht und mit tunlichster Beschleunigung die hierauf bezüglichen Vorschläge Mir unterbreitet werden.“ So schreibt kein Geisteskranker! Das ist ein anderer Stil als die Räuberpistolen Hesselschwerdts!

Der Judas Ludwigs
Leider schenkte Ludwig Hesselschwerdt blindes Vertrauen. Wie sehr Hesselschwerdt dieses Vertrauen mißbrauchte, zeigt die Antwort Ludwigs auf das Flehen Osterholzers (Leibkutscher) er möge doch - solange noch Zeit war - mit seiner Hilfe aus Neuschwanstein nach Österreich fliehen. „Fliehen, weshalb? Wenn eine wirkliche Gefahr vorhanden wäre, würde mir Karl dies mitgeteilt haben.“ Gemeint war Karl Hesselschwerdt, der natürlich über die Intrigen gegen den König nicht nur Bescheid wußte, sondern durch seine gefälschten Berichte das Gutachten Guddens, die Entmündigung und Ermordung des Königs erst möglich gemacht hatte. Es wäre seine Pflicht gewesen, Ludwig rechtzeitig zu warnen. Stattdessen ließ er Ludwig in die tödliche Falle laufen.

Armer Ludwig, reicher Graf
Soviel zur Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit des Karl Hesselschwerdt. Wieviel er von seinem Chef, Graf Holnstein, als Judaslohn erhielt, ist nicht bekannt. Daß aber Holnstein sich an dem, dem König zustehenden Welfenfonds bereichert hatte, ist aktenkundig. Mit der Schwäche der königlichen Zivilliste ging die Zunahme des gräflichenVermögens einher.

Die Täter
Diese Briefe sind Fälschungen von Hesselschwerdt und Holnstein. In der Neuauflage des Buches von Erika Brunner, Der tragische König, Peter Glowasz Verlag, Seite 605 - kann man über dieses Thema folgende, sehr aufschlußreiche Passage lesen:

„Der Roßober hielt alle Fäden in der Hand und ließ die Marionetten tanzen. Er führte die Aufsicht über die Chevauxlegers und hatte die Möglichkeit, die Lakaien von sich abhängig zu machen. Während er sie antrieb zur Materialbeschaffung*, war er zugleich unermüdlich tätig, jeden Zweifel der Minister, Gesandten und Agnaten an der Richtigkeit des geplanten Staatsstreiches zu erschüttern. Luitpold ließ ihn später fallen, als er entdeckte, daß Holnstein sich Prozente aus dem Welfenfonds zu verschaffen wußte und in Verbindung mit einer zweifelhaften Person stand, die die Handschrift des Königs vollendet zu fälschen vermochte. Diese Tatsache war lange unbekannt.“ Zitat Ende.
*) belastendes Material über den König

Auch fälschen muß man können!
Wie unsensibel und dumm der Inhalt dieser Briefe dennoch erfunden wurde, geht aus dem Detail hervor, Ludwig hätte sich über die Genitalien (Kunis genannt - woher weiß man das so genau?) möglicher Gespielen von Hesselschwerdt informieren lassen! Da bemerkt man sofort wieder den etwas zu plakativen Räuberpistolenstil Hesselschwerdts!

Wie dumm der Fälscher sich verraten hat!
„Verbrenne dieses Blatt“ - ist ein verräterischer Hinweis auf die Fälschung. Denn wenn man davon ausgeht, daß Ludwig bewußt war, wie „heiß“ dieses Thema ist, dann hätte er ja sicher keine schriftlichen Befehle erteilt. Er hätte ja Hesselschwerdt überhaupt nicht schreiben müssen, sondern solche Befehle ganz bequem, ohne belastendes Material zu produzieren, mündlich erteilen können. Daß das „Verbrenne dieses Blatt“ ja die direkte Aufforderung ist, dies gerade nicht zu tun, dürfte auch Ludwig klar gewesen sein.

Wertlos wie der Neue Markt!
Der Sammler Robert Holzschuh ist zu bedauern, denn er hat für 180.000,- DM Fälschungen erworben. Das Echtheitszertivikat ist hier nicht viel wert, denn es kann nur die Echtheit des Materials (Papier und Tinte) beweisen. Dieses Material ist sicher echt. Wenn aber jene „zweifelhafte Person, welche die Handschrift des Königs vollendet zu fälschen vermochte“ diese Briefe geschrieben hat; und alles deutet darauf hin, dann wäre das für einen heutigen Schriftsachverständigen nicht nachzuweisen, gelang es doch dieser Person, schon damals alle zu täuschen.

Die „Hitler-Tagebücher“ des Eichborn-Verlags!
Die 180.000,- müssen wieder hereinkommen - egal wie. So erfindet man eben eine sensationslüsterne Enthüllungsgeschichte, in der Hoffnung, daß alle Welt darauf hereinfällt und begierig ist, etwas über Ludwigs angebliche Homosexualität zu erfahren.

Ein homosexueller Bayernkönig?
Nicht die Tatsache, daß Ludwig II. vielleicht homoerotische Neigungen besessen haben könnte, ärgert uns - sondern die Art wie König Ludwig als sexgieriges Monster dargeboten wird, ist abstoßend. Ein homoerotischer Ludwig hätte genauso seine Verdienste um Musik (Wagner), Baukunst, Humanität und Technik - und könnte der Verehrung des bayerischen Volkes sicher sein.

Ludwig und die Frauen
Es gibt aber zahlreiche Hinweise darauf, daß Ludwig sehr wohl Kontakte mit dem weiblichen Geschlecht gepflegt hat. Die Beziehung zu Sissi war lange nicht so platonisch, wie - um die Ehre der Kaiserin zu wahren - immer behauptet wurde. Die Schauspielerin Lila von Bulyowsky (mit dem „Bulyowsky -Luder“ jagte er durch das ganze Schloß Hohenschwangau) war eine seiner Favoritinnen. Die Bildhauerin Elisabeth Ney lebte 4 Jahre bei ihm in der Residenz unter einem Dach und gebar ein Söhnchen namens Arthur! Vorher war Sie überstürzt und mit viel Geld ausgestattet nach Amerika abgereist.

Soviel zu den angeblich homoerotischen Neigungen des Königs.